Saudi-Arabien fördert die E- und H2-Mobilität

Elektrofahrzeuge sind in Saudi-Arabien noch selten, doch bis 2030 könnte ihre Zahl auf 1 bis 2 Millionen ansteigen. Eine erste Fabrik für Elektroautos befindet sich im Bau.

Auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos kündigte der saudi-arabische Investitionsminister Khalid Al Falih die Errichtung von drei EV-Produktionsstätten im Königreich an. Während die lokale Produktion zunächst die Inlandsnachfrage bedienen wird, könnte mittel- und langfristig der Großteil der in Saudi-Arabien hergestellten E-Fahrzeuge exportiert werden.

Über 1 Million Elektrofahrzeuge bis 2030

Bislang sind in Saudi-Arabien schätzungsweise nur einige hundert Elektroautos (vollelektrische und Plug-in-Hybridmodelle) zugelassen, aber die Ziele des Königreichs sind sehr ehrgeizig. In der Hauptstadt Riad soll der Anteil der Elektrofahrzeuge bis 2030 auf 30 Prozent steigen. Offiziellen Schätzungen zufolge wird der derzeitige Bestand von 2,7 Millionen Fahrzeugen auf den Straßen Riads bis 2030 auf über 3 Millionen ansteigen. Um das Ziel von 30 Prozent zu erreichen, müsste der Anteil der Elektrofahrzeuge allein in Riad auf über 1 Million steigen.

Der Anteil der Elektrofahrzeuge soll bis 2030 in der Hauptstadt Riad auf 30 Prozent steigen.

SASO erlässt Zulassungsvorschriften

Im Jahr 2017 verbot die Saudi Arabian Standards, Metrology and Quality Organization (SASO) die Einfuhr von Elektrofahrzeugen (EVs), aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen für die Einfuhr solcher. Anfang 2018 wurden mit der Veröffentlichung der technischen Vorschriften für Elektrofahrzeuge ("Technical Regulations for Electric Vehicles”), die für E-Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen und Höchstgeschwindigkeiten ab 25 Stundenkilometern gelten, die ersten Genehmigungen erteilt. Die kommerzielle Einfuhr von E-Fahrzeugen blieb jedoch bis 2020 verboten. Laut einer Studie aus dem Jahr 2021 wird die Zahl der Autos bis 2030 landesweit auf 16,5 Millionen Fahrzeuge ansteigen. Für einen E-Anteil von 5 Prozent wären demnach 800.000 E-Fahrzeuge erforderlich, für einen Anteil von 30 Prozent 4,9 Millionen E-Fahrzeuge. Die meisten Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der E-Fahrzeuge im Jahr 2030 zwischen 1 Million und 2 Millionen liegen wird.

LUCID MOTORS baut eine EV-Fertigungsanlage

Saudi-Arabien ist seit langem bestrebt, eine lokale Automobilindustrie aufzubauen. Nun errichtet der in Kalifornien ansässige Elektroautohersteller Lucid Motors eine Produktionsstätte in der King Abdullah Economic City (KAEC; 120 Kilometer nördlich von Jeddah).

Der staatliche saudi-arabische Public Investment Fund (PIF) hält einen Anteil von 63 Prozent an Lucid Motors. Im Februar 2022 unterzeichnete Lucid Motors Vereinbarungen mit dem Investitionsministerium, der Saudi Industrial Development Bank, KAEC (Emaar-The Economic City) und der Gulf International Bank (GIB) zur Errichtung der Produktionsstätte. Der PIF hält einen Anteil von über 97 Prozent an der GIB. In den nächsten 15 Jahren wird Lucid Motors Finanzierungen und Investitionsanreize in Höhe von bis zu 3,4 Milliarden US-Dollar erhalten.

Im Mai 2022 erteilte Lucid Motors dem lokalen Bauunternehmen Al Bawani einen Auftrag über 640 Millionen US-Dollar für den Bau der EV-Anlage. Der Bau soll 2025 oder 2026 abgeschlossen sein. Zunächst werden Bausätze (CKD oder SKD) des aus den USA gelieferten Modells "Lucid Air" montiert. Danach wird die lokale Wertschöpfung schrittweise erhöht. Die Produktionsstätte wird eine jährliche Kapazität von bis zu 150.000 Fahrzeugen haben. Lucid Motors wurde 2007 gegründet und produziert seit 2021 Elektroautos in Arizona, deren Verkaufspreise zwischen 87.400 und 179.000 US-Dollar liegen. Im Februar senkte das Unternehmen sein Produktionsziel für 2022 von 20.000 Fahrzeugen auf 12.000 bis 14.000.

Im April 2022 unterzeichnete die saudi-arabische Regierung einen Vertrag mit Lucid Motors über den Kauf von 50.000 Fahrzeugen über einen Zeitraum von zehn Jahren, einschließlich einer optionalen Aufstockung um 50.000 Fahrzeuge. Für die Jahre 2023 und 2024 sind jährliche Lieferungen von 1.000 bis 2.000 Fahrzeugen geplant. Ab 2025 sind jährliche Lieferungen von 4.000 bis 7.000 Fahrzeugen geplant.

Lokale Entwicklung eines Elektrofahrzeugs gestartet

Die taiwanesische Foxconn Technology Group und PIF haben ein Joint Venture zur Entwicklung und Produktion von Elektrofahrzeugen unter dem Namen "Cheer" in Saudi-Arabien gegründet. Foxconn wird die Software, die Elektronik und die elektronische Architektur des Fahrzeugs liefern. Das Elektrofahrzeug wird auf einer alten BMW-Plattform basieren.

Batterieproduktion in Erwägung gezogen

Der PIF möchte bis 2028 eine Fabrik für Elektroauto-Batterien mit einer jährlichen Produktionskapazität von 15 Gigawattstunden bauen. Das Projekt wird Batterien für Lucid und andere EV-Hersteller liefern. Das National Industrial Development Center (NIDC) von Saudi-Arabien schlägt vor, eine Produktionskapazität von 28 Gigawattstunden zu schaffen. Dazu gehören neben den Batterien für Elektrofahrzeuge auch Speicher für erneuerbare Energien.

Im Februar 2022 vergab die australische EV Metals Group einen FEED-Vertrag (Front-End Engineering Design) für den Bau von zwei Lithiumhydroxid-Monohydrat (LHM)-Produktionslinien. LHM wird für EV-Batteriezellen und andere Anwendungen benötigt. Die 800 Millionen US-Dollar teure Anlage soll in Yanbu an der Westküste Saudi-Arabiens gebaut werden. Die Produktionskapazität wird voraussichtlich 50.000 Tonnen pro Jahr betragen. Die Rohstoffe werden zunächst aus Australien kommen.

EV-Ladeinfrastruktur im Aufbau

Derzeit gibt es nur wenige Ladestationen für Elektroautos in der Hauptstadt Riad, in Jeddah und entlang des Arabischen Golfs. Nun plant das lokale Unternehmen Electromin, in zwei Projektphasen insgesamt 100 Ladestationen zu installieren. Electromin ist eine Tochtergesellschaft des Schmierstoff- und Automobildienstleisters Petromin. Nach Angaben des Unternehmens werden die in der ersten Phase installierten Ladestationen mit allen von SASO zugelassenen homologierten Fahrzeugen mit Wechselstromsteckern vom Typ 2 kompatibel sein. In einer 2. Phase werden weitere AC-Ladestationen sowie DC-Ladestationen mit bis zu 360 Kilowatt installiert. Im April 2022 unterzeichneten das französische Unternehmen TotalEnergies und das lokale Unternehmen Altaaqaa (Teil der Zahid-Gruppe) eine vorläufige Vereinbarung zum Aufbau einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge.

Brennstoffzellenfahrzeuge als zusätzliche Option

Neben dem Ausbau der Wasserstoffproduktion ist in Saudi-Arabien auch die Produktion von Brennstoffzellenfahrzeugen im Gespräch. Im April 2021 unterzeichneten Hyzon Motors (USA) und die lokale Modern Group eine Absichtserklärung zur Prüfung eines Projekts zur Errichtung eines Lkw-Montagewerks mit einer potenziellen Jahreskapazität von bis zu 10.000 Fahrzeugen. Zielstandort ist die neue Entwicklungszone Neom im Nordwesten des Landes.

ARAMCO examines the production of hydrogen-powered vehicles

Die nationale Ölgesellschaft Aramco hat ihr Innovationszentrum LAB7 beauftragt, das Potenzial der Brennstoffzellentechnologie in Saudi-Arabien zu untersuchen. Im Dezember 2021 vereinbarten Aramco und das französische Technologieunternehmen Gaussin, die Möglichkeiten der Produktion von wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen in Saudi-Arabien zu prüfen.


Der Artikel wurde im Auftrag der GTAI verfasst durch die Autoren Robert Gehrke, GTAI Research Manager & GESALO DEinternational Consultant sowie Robert Espey, Director at Germany Trade & Invest Dubai Germany Trade and Invest (GTAI).

Quelle des Artikels: GTAI, link: https://www.gtai.de/de/trade/saudi-arabien/branchen/saudi-arabien-arbeitet-an-e-und-h2-mobilitaet-847512